Nicht wenige Scheidungen werden in den ersten paar Jahren nach der Pensionierung eingereicht. Kein Wunder. Wenn Paare, die seit Jahrzehnten nebeneinander her lebten, täglich im Durchschnitt nur sieben Minuten miteinander sprachen (laut einer Studie tun das Paare bereits nach wenigen Jahren des Zusammenlebens) von heute auf morgen dann jedoch dauernd zusammen sind, brechen oft Krisen aus.
Nicht selten liegt es an den Männern:
Wenn keine Sekretärin mehr da ist, die den Kaffee zubereitet, keine Kollegen zum diskutieren, keine Bestätigung durch den Beruf mehr erfolgt, mutieren sie zu Hause oft zu Tyrannen. Da wird der Vorrat katalogisiert, der Haushalt neu organisiert – Papa ante Portas ist Realität. Viele Frauen fragen sich dann – will ich den Rest des Lebens wirklich mit diesem Mann verbringen?
Wenn die Ehefrau zum Feldwebel wird
Doch auch Frauen leisten ihren Beitrag zur Renteneintritts-Ehekrise. Eine Tante von mir begann, ihrem Mann ständig Aufgaben zuzuteilen, diktierte ihm den gesamten Tagesablauf, feste Essenszeiten und er klagte: „Schlimmer als seinerzeit in der Kaserne." Er bezeichnete sie deshalb nur noch als „meinen Feldwebel". Eifersüchtig überwachte sie seine Ausbruchsversuche mit seinen Freunden, war beleidigt, wenn er abends mal später heimkam und statt der erlaubten zwei Bier drei oder sogar vier getrunken hatte.
Zweite Flitterwochen
Allerdings geht es auch anders. Als bei Freunden von mir der Mann pensioniert wurde, begannen die beiden erst, ihre Ehe zu genießen – immerhin bereits 35 Jahre verheiratet. Sie turteln wieder richtig, verwöhnen sich mit kleinen Aufmerksamkeiten, fahren ständig gemeinsam weg. Was war da passiert? „Bis vor kurzem wohnte ja noch ständig eins der Kinder bei uns. Und mein Mann war im Beruf extrem beansprucht", erzählte mir die Frau. Als Manager war auch ständig im Ausland und die beiden hatten eigentlich seit Beginn ihrer Partnerschaft noch nie so richtig Zeit füreinander gehabt. Das haben sie erst jetzt. Und das genießen sie.
Die Beziehung neu beleben
Sicher ein Fall, der nicht für alle Neurentner-Paare zutrifft. Leider. Doch ein bisschen kann jeder dafür tun, dass seine Beziehung auch mit Pensionierungseintritt für beide lebenswert bleibt und vielleicht sogar noch etwas an Qualität zulegt. Hier die besten Tipps:
Beginnen Sie schon mindestens ein Jahr vor dem Berufsende, die Rentenzeit vorzubereiten. Was planen Sie dafür? Was würden Sie gerne tun und hatten bisher nie die Zeit dazu?
Besprechen Sie das mit Ihrem Partner – was schwebt dem so für diese Zeit vor, welche Wünsche hat er?
Sicher werden die beiden Wunschlisten nicht in allen Punkten übereinstimmen. Und das ist gut so:
Schaffen Sie sich gegenseitig Freiräume, in denen jeder seinen eigenen Hobbys nachgeht.
Diese Freiräume beleben die Beziehung und sorgen für neuen Gesprächsstoff miteinander. Sicher kennen Sie doch auch Paare, die sich einfach nichts mehr zu sagen haben. Wenn man ohne den anderen Neues erlebt, gibt es viel zu erzählen – und man wird automatisch für den anderen auch wieder interessanter.
Suchen Sie sich, falls Sie sich geistig zu wenig gefordert fühlen, ein Aufgabe. Das schenkt Bestätigung und tut dadurch auch der Beziehung gut. Beginnen Sie ein Seniorenstudium oder engagieren Sie sich ehrenamtlich. So macht es ein mit mir verwandtes Paar: Er, vormals Jurist, studiert jetzt Musikwissenschaften und beschäftigt sich dadurch mit seinem liebsten Hobby, der Musik. Sie, früher Sozialpädagogin, gibt Kinder aus Hartz-IV-Familien Nachhilfeunterricht.
Autor: Monika Preuk
Kennt ihr das? Welche Erfahrungen habt ihr selbst gemacht oder vielleicht eure Eltern oder Bekannten?
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