Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne. Hermann Hesse, unvergesslich! Auch die SPD hat sich einen Neustart verordnet, indem deren Mitglieder Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans zu neuen Vorsitzenden machten - und ihren prominentesten Parteifreund Olaf Scholz auf die Plätze verwiesen. Und jetzt?
Um kurz noch im Bereich der Magie zu verweilen. Mit Esken und Walter-Borjans (früher mal Finanzminister in NRW) haben die Sozialdemokraten eine echte Überraschung für den Parteivorsitz aus dem Hut gezaubert. Wer vor Monaten seine Wetten auf dieses eher wenig glamourös wirkende Paar platziert hätte, wäre vermutlich vom Buchmacher ausgelacht worden - und heute steinreich.
Gegen jede Wahrscheinlichkeit haben die beiden Olaf Scholz und Klara Geywitz um die Nachfolge Friedrich Eberts, Willy Brandts und Hans-Jochen Vogels - nur um mal ein paar große Namen zu nennen - hinter sich gelassen.
Walter-Borjans sagte im ersten Freudentaumel: "Das hat Spaß gemacht!" Gemeint war die Kandidaten-Tingelei zu den Genossen durchs Land. Doch wie so oft: Aus Spaß wird schnell ernst. Die ersten politischen Kommentatoren sowie das Spitzenpersonal der politischen Wettbewerber unkt bereits: Nikolaus beschert der Groko das Ende.
Borjans: "Robin Hood, der Steuerzahler"
Nun ist Walter-Borjans zwar kein Olaf Scholz, aber doch auch ein Mann von politischem Format und Erfahrung. Überregional bekannt wurde er als Chefeinkäufer von Steuer-CDs aus dem benachbarten Ausland. "Robin Hood, der Steuerzahler" lautete fortan sein "Kampfname".
Mit seiner auf einem Parteitag ebenfalls noch zu bestätigenden Co-Vorsitzenden Saskia Esken (MdB) wird es nun aber tatsächlich schnell darum gehen, die in Wahlen wie Umfragen bedenklich ins Hintertreffen geratene Sozialdemokratie wieder aufzubauen.
Nur wie?
Raus aus der Großen Koalition?
Stecker ziehen?
Augen zu und durch?
Groko-Zweifler an SPD-Spitze
Das neue Spitzenduo ist mit großer Wahrscheinlichkeit jetzt eben selbiges, weil es mit seiner Kritik an der Groko nie hinterm Berg hielt, während Scholz die Koalition, deren zweitwichtigster Akteur er nach Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ist, natürlich nicht öffentlich in Frage stellen durfte.
Die in- wie ausländische Presse fürchtet einen Grexit, also ein Raus aus der Großen Koalition. Doch was wäre die Folge? Eine Minderheitsregierung? Eine neue Koalition aus Union, Grünen und FDP? Neuwahlen? Nichts was eine Demokratie nicht aushalten würde. Um Deutschland ist mir nicht bang.
Um die SPD sehr wohl.
Es sei denn den neuen Chefs gelingt, woran ihre Vorgänger scheiterten: Der SPD in Zeiten des Klimawandels, in Zeiten eines wirtschaftlichen Abschwungs, in Zeiten von Kinder- und Altersarmut einen Markenkern zu verpassen. Wofür steht die SPD? Was bekomme ich, wenn ich euch wähle? Wie wollt ihr Fortschritt und Rücksicht in Deutschland gewährleisten.
Wenn die Antwort aber nur lautet: Koalitionsvertrag nachverhandeln, dann ist das wieder nur Klein-Klein und einfach nur lästig. Liebe neue SPD-Chefs, wagt doch mal einen großen Wurf. Am besten als Regierungspartei.
Sonst folgt auf den Zauber des Anfangs schnell ein Ende mit Schrecken.
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