Effektivste Diät muss nicht die beste Wahl sein
Wer sein Gewicht reduzieren will - oder wie etwa im Fall mancher Diabetespatienten Abnehmen sollte - hat die Qual der Wahl: Es gibt zig verschiedene Diätkonzepte, die mal mehr, mal weniger erfolgreich dazu führen, dass man abnimmt. Wobei gar nicht immer die Diät empfehlenswert ist, die die Pfunde am zuverlässigsten fallen lässt.
Darauf verweist die Medizinprofessorin Monika Kellerer: "Zwar hat eine Reduzierung der Kohlehydrate den größten positiven Effekt auf den Blutglukosespiegel und auch auf die Gewichtsreduktion", sagt die Präsidentin der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG). "Doch ein ausschließlicher Fokus auf die Kohlehydrataufnahme ist nicht zielführend."
Diät muss zum eigenen Typ passen
Klingt abwegig? Eine Diät, die selbst nach Einschätzung von Experten wie der Ärztin Monika Kellerer den größten Effekt auf die Gewichtsreduktion hat - ist trotzdem nicht unbedingt zu empfehlen?
Dahinter steckt eine einfache wie logische Gedankenkette: Eine Diät muss funktionieren, also zum gewünschten Erfolg führen. Damit sie funktioniert, muss man lange durchhalten. Um durchzuhalten, muss die Diät zum eigenen Leben passen.
Anders gesagt: Gar nichts bringt ein Ernährungskonzept, das man frustriert zu schnell wieder über den Haufen wirft.
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"Deshalb steht am Anfang jeder Ernährungsumstellung die Frage: Welches Konzept passt zu mir?", sagt Elisabeth Höfler, Leiterin der Diätschule am Marienhospital Stuttgart, die seit über 30 Jahren Diabetespatienten bei der Gewichtsreduktion unterstützt.
Als gute Möglichkeit zum Abnehmen empfiehlt die Ernährungsberaterin diese beiden Konzepte: Energiereduzierte Mischkost. Oder die Low Carb-Diät, also den weitgehenden Verzicht auf Kohlenhydrate.
Welche dieser beiden Diätformen , das ist Typ-Sache und hängt auch vom ganz individuellen Alltag ab.
Um herauszufinden, welches Konzept einen vermutlich am längsten bei der Stange hält, rät die Ernährungsberaterin Elisabeth Höfler, sich zunächst ein paar Fragen zu stellen:
Komme ich mit wenig Brot aus? Kann ich auf Kartoffeln oder Pasta verzichten? Mag ich sehr viel Gemüse essen?
Ist die Antwort in allen Fällen: Nein, dann kommt die Low Carb-Diät nicht in Frage. „Das ist dann dauerhaft nicht umsetzbar“, so Höfler.
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Wer berufstätig ist und sich durch energiereduzierte Mischkost ernähren will, sollte vorher überlegen, wie er das im Alltag hinbekommt - wenn er oder sie etwa keine Kantine mit Salatbuffet, viel Gemüse und Fleisch und Fisch ohne Saucen zur Verfügung hat.
„Wenn es in meinem Umfeld vor allem Pizza, Pasta, Döner und Burger gibt, wird es schwierig“, sagt Höfler. Die Lösung: Zuhause vorkochen und das Mittagessen in einer Box mit an die Arbeit nehmen.
So funktioniert Low Carb
Bei diesem Ernährungskonzept spielt Gemüse die Hauptrolle. „Sättigung kann man sich bei Low Carb nur über Gemüse verschaffen“, sagt die Diätexpertin Höfler. Um den Hunger zu stillen, muss man zwischen 750 und 1000 Gramm pro Tag essen. Brot, Kartoffeln, Nudeln und Reis sind nicht komplett tabu, aber nur in geringem Maß: Knapp 120 Gramm am Tag sind erlaubt. Und auch mageres Fleisch, viel Kaltwasserfisch wie Lachs, Hering, Makrele und Thunfisch als Proteinlieferanten.
Um den Appetit auf Süßes zu stillen, das bei Low Carb höchstens einmal pro Woche erlaubt ist, empfiehlt Höfler klein geschnittenes Obst in Quark oder Joghurt mit etwas Süßstoff. Bei Getränken sind zuckerfreie Varianten zu empfehlen - und bei Light-Angeboten sollte man unbedingt auf die Inhaltsstoffe achten: Ist Fruktose enthalten, lieber darauf verzichten. Fruktose sollte gemieden werden, so Höfler.
Das steckt hinter energiereduzierter Mischkost
Dieses Ernährungskonzept ist auf den ersten Blick ganz einfach: Erlaubt ist eigentlich alles - solange man nicht mehr als die täglich empfohlene Menge an Kalorien zu sich nimmt. Was die Sache unter Umständen etwas komplizierter macht, ist also das Kalorienzählen.
Dabei gilt die Formel: Man nimmt zwischen 500 und 800 Kilokalorien pro Tag weniger auf, als der Körper für Grundumsatz plus Bewegung benötigt.
Wie viele Kalorien der Körper benötigt, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Bei der Berechnung hilft der Energiebedarfsrechner der Deutschen Diabetes Hilfe im Internet.
Als grobe Richtschnur gilt:
- wer am Schreibtisch arbeitet und sich wenig bewegt, benötigt 1800 bis 2000 Kalorien am Tag und sollte daher auf Diät rund 1500 Kalorien anpeilen
- ein körperlich tätiger Handwerker braucht 2400 bis 2800 Kalorien, er sollte 2000 Kalorien ansteuern
- bei Frauen in den Wechseljahren sinkt der Grundumsatz auf 1700 bis 1800 Kalorien
Und auch, wenn alles erlaubt ist, sollte auf Wurst und Käse oder Speisen mit Soßen verzichtet werden, stattdessen zu Salat, Gemüse und magerem Fleisch reichlich zugreifen.
Wenn es mal schnell gehen muss
Selbst eine TK-Pizza kann auf dem Speiseplan stehen. Zumindest theoretisch. „Eine Fertigpizza kann den gesamten Tagesbedarf decken, unbedingt auf Größe und Belag achten“, warnt Höfler. Tipp der Stuttgarter Diätexpertin: Statt Pizza sättigende Tiefkühl-Fischgerichte wählen, die nur 500 bis 800 Kilokalorien enthalten.
Wichtig: Auf Essens-Intervalle achten
Egal, für welches der beiden Ernährungskonzepte man sich zur Gewichtsreduktion entscheidet: „Wir raten stark zu drei Hauptmahlzeiten“, sagt Höfler. Zwischen Frühstück, Mittag und Abendessen sollten jeweils vier bis sechs nahrungsfreie Stunden liegen und Essen zu sehr späten Zeiten vermieden werden. Höfler: „Optimal ist es, über den Abend und die Nacht zwölf Stunden nahrungsfrei zu bleiben.“
Ganz wichtig, um Enttäuschungen beim Abnehmen zu vermeiden: Eine große Portion Realismus.
Soviel Zeit sollte man einplanen
Denn zwar ist sich die Diätexpertin ganz sicher: "Wer Low Carb oder energiereduzierte Mischkost konsequent umsetzt, wird erfolgreich Gewicht verlieren."
Die Frage ist allerdings: Wie viel? Und in welchem Zeitraum?
„Anfangs sind 500 Gramm bis zu einem Kilo Gewichtsverlust pro Woche realistisch“, so die Erfahrung der Stuttgarter Ernährungsberaterin.
Nicht aufgeben!
Dann stagniere das Gewicht meist. Dennoch: Nicht aufgeben, rät die Expertin. Wer mehr als zehn Kilo gesund und nachhaltig abnehmen will, sollte ein Jahr dafür einplanen.
Denn, so Höfler: „Ein Patient, der 160 Kilo wiegt und maximal 1800 Kalorien täglich zu sich nimmt, kann in einem Jahr 20 bis 25 Kilo verlieren, wenn er konsequent ist.“
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