Von einem Fleischmarkt im chinesischen Wuhan aus hat sich das neue Coronavirus zu einer weltweiten Gesundheitskrise ausgeweitet. Bestätigte Fälle gibt es inzwischen auf vier Kontinenten - in Asien, Amerika, Australien, Europa. Und inzwischen auch in Deutschland.
In der Nacht zu Dienstag wurde der erste Fall in Deutschland bestätigt. Im bayerischen in Gauting-Stockdorf vor den Toren Münchens ist ein Patient an dem Virus erkrankt.
Patient hat sich in Deutschland angesteckt
Der 33 Jahre Mann aus dem Landkreis Landsberg, der sich bei einem chinesischen Gast seiner Firma angesteckt hat, wird im Münchner Klinikum Schwabing von Professor Clemens Wendtner behandelt. Der 33-Jährige sei außer Lebensgefahr, sagte er auf einer Pressekonferenz am Dienstag. "Er ist fieberfrei, hat auch derzeit keine Atemwegssymptomatik mehr."
Für den Chefarzt der Infektiologie und Tropenmedizin kommt der aktuelle Fall nicht überraschend.
Der Import von „vereinzelten infizierten Fällen sei wahrscheinlich“, hatte er bereits am Montag im Gespräch mit wize.life vermutet. Importiert aus China, eingeschleppt über den globalen Flugverkehr.
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Dennoch glaubt er, dass das Risiko einer Ansteckung mit dem Coronavirus in Deutschland nach wie vor „sehr gering“ sei.
Eine „signifikante Gefährdung für Deutschland“ werde es nicht geben.
"Kein Anlass für Panik - auch nicht in Bayern"
„Das ist kein Anlass für Panik - auch nicht in Bayern“, sagt Professor Clemens Wendtner, der Arzt des ersten deutschen Patienten.
Dafür spricht aus Sicht des Experten: Dass es in Deutschland auch gelinge, eine Masernwelle einzudämmen. Masern sind demnach sehr viel ansteckender als das neuartige Coronavirus.
"Damit wird das deutsche Gesundheitssystem fertig"
Wendtner: „Und damit wird das deutsche Gesundheitssystem auch fertig.“ Dank einer modernen Infektiologie könnten hierzulande sehr früh Schutzmaßnahmen ergriffen werden.
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Überhaupt gebe es in Deutschland Viruserkrankungen, die sehr viel ansteckender und gefährlicher seien als aktuell das Coronavirus.
Beispiel: Grippe. Jedes Jahr sterben in Deutschland 20.000 bis 25.000 Menschen an den Folgen einer Influenza. „Es ist für mich erstaunlich, dass über 20.000 Influenza-Tote jährlich in der öffentlichen Wahrnehmung weniger schockierend wirken“, sagt Wendtner. „Dabei wäre ein Großteil durch eine einfache Impfung vermeidbar.“
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Selbst wenn Ärzte in deutschen Notaufnahmen jetzt vermutlich häufiger mit dem Verdacht auf Infektion mit dem Coronavirus konfrontiert werden, glaubt der Münchner Chefarzt, dass es sich nur in einem Bruchteil der Fälle um eine tatsächliche Erkrankung handeln wird.
Leicht mit Grippe zu verwechseln
„Ehrlich gesagt gehe ich eher davon aus, dass wir zu 99 Prozent falschen Alarm haben werden“, sagt Professor Clemens Wendtner. So wie am Wochenende in Berlin, als sich ein Verdacht auf Infektion als unbegründet herausgestellt hat.
Die neue Lungenkrankheit kann leicht mit einer Grippe verwechselt werden, die Symptome ähneln sich.
Symptome der neuartigen Lungenkrankheit
Auch bei der Lungenkrankheit gehören Fieber, trockener Husten, Kurzatmigkeit, Atemnot und Abgeschlagenheit zu den ersten Anzeichen. Weil das Virus die unteren Atemwege infiziert, haben Betroffene jedoch keinen Schnupfen.
Für Experten wie den Münchner Virologie-Professor Wendtner muss - neben den Symptomen einer Atemwegserkrankung mit Lungenentzündung - ein weiteres entscheidendes Kriterium dazukommen: Der Patient muss in den zwei Wochen vor der Erkrankung direkt oder indirekt Kontakt zu Chinesen aus der Wuhan-Region gehabt haben.
Gab es Kontakt zu Chinesen?
Erst dann würden Mediziner einen berechtigten Anlass für einen vorsorglichen Test sehen, sagt er.
"Wir bereiten uns auf den Ernstfall vor"
Dennoch: „Auch wir hier in München bereiten uns auf den Ernstfall vor.“ Die München Klinik Schwabing gehört zu den Krankenhäusern in Deutschland, die eine Sonder-Isolierstation für hochansteckende Patienten haben, die so genannte HoKo-Unit. Weitere infektiologische Zentren gibt es in Berlin, Frankfurt und Hamburg.
Doch selbst, wenn Patienten in Deutschland mit einer durch das Coronavirus ausgelösten Lungenkrankheit behandelt werden, müsse dies vermutlich nicht auf der Sonder-Isolierstation geschehen, so Wendntner. Ein Schleusenzimmer mit Unterdruck reiche aus.
Keine Gefahr für andere Patienten
Dies sei auch der Fall bei dem 33-jährigen Patienten, der sich beim Autozulieferer Webasto in Gauting-Stockdorf bei einer chinesischen Kollegin angesteckt hat, die zu Besuch in Bayern war. Der Mann liege nicht auf der Isolierstation, sondern auf einer normalen Infekt-Station.
"Es besteht keinerlei Gefahr für Mitpatienten", so Wendtner.
Aus Angst vor dem neuartigen Coronavirus berichten zahlreiche Apotheken in Deutschland von einer gestiegenen Nachfrage nach Atemmasken.
Enorme Nachfrage nach Atemmasken
Die Nachfrage nach Grippeschutzmasken übertreffe das Normalniveau derzeit um das Zehnfache, zitiert die „Welt“ den Sprecher des Pharma-Großhandels Phoenix.
Wirklichen Schutz bieten nur virusdichte Atemmasken der Kategorien FFP2 und FFP3, so Professor Clemens Wendtner.
Atemmasken? Findet der Experte "nicht sinnvoll"
Allerdings müssten auch die bei ständigem Gebrauch alle paar Stunden ausgetauscht werden, weil sie feucht werden und dann der Filter nicht mehr funktioniert. Geschieht dies nicht, sind sie also nutzlos.
Doch der Chefarzt hält sowieso nichts davon, hierzulande mit Masken umherzulaufen: „Maskenschutz ist nur sinnvoll, wenn Sie eine hohe Durchsetzung in der Bevölkerung haben.“ Vor Ort in China sei das der Fall, aber nicht in Deutschland.
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